Freitag, 8. Mai 2015

Die natürliche Schiefe unter dem Sattel erkennen

Emerito als rechtsholes Pferd, einhändig geführt. Durch die natürliche Schiefe tritt das rechte Hinterbein an der Spur vorbei. Die Körpermasse fällt nach links. Hier wären gerade richtende Hilfen notwendig! 


Die natürliche Schiefe des Pferdes macht sich täglich unter dem Sattel bemerkbar. Wo eine Lektion auf einer Hand spielerisch leicht gelingt, kann sie auf der anderen Hand durchaus Mühe bereiten. Wenn die Schiefe nur Muskulär bedingt ist, kann sie behoben und bei zuviel Eifer sogar umgedreht werden! Bei einem Pferd mit einer Skoliose, die auch von Geburt an so gewachsen sein kann, ist eine Korrektur natürlich nur bedingt möglich, da Knochen sich im Gegensatz zu Sehnen und Bändern schliesslich nicht formen lassen (es gibt zwar archäologische Funde die was anderes Beweisen, aber das ist hier jetzt nicht Thema). Dennoch kann selbst bei einem Pferd mit einer verwachsenen Schiefe durch sinnvolles Training einiges an Bewegungsmöglichkeit und damit auch Durchlässigkeit dazu gewonnen werden. Um das schiefe Pferd sinnvoll gymnastizieren zu können, muss jedoch zuerst erkannt werden, wie das Pferd schief ist. Eine Diagnose kann, wie ich im letzten Blog beschrieben habe, an der Longe, oder für den fortgeschrittenen Reiter auch unter dem Sattel erfolgen. Heute werde ich nun erläutern, wie sich die Schiefe unter dem Sattel anfühlt. Ich werde wie immer versuchen mich kurz zu fassen, schliesslich wollen wir ja alle reiten und uns nicht stundenlang mit Theorie abgeben müssen;) Wir gehen zu unserem Beispiel mit dem rechts hohlen Pferd zurück:

Ein rechtshohles Pferd (die rechte Muskelkette ist verkürzt) geht lieber auf der rechten Hand. Seine ganze Körpermasse fällt nach links, die Rechte wird entlastet. Der Reiter fühlt, egal auf welcher Hand er reitet, dass das Pferd sich auf den linken Zügel legt, und nicht an den rechten herantritt. Folglich galoppiert es rechts auch lieber an. Hier entsteht durch die verkürzte Muskulatur auf der rechten Körperseite des Pferdes der Eindruck, dass Pferd biege sich besser. Das erleichtert es dem Reiter innen zu sitzen. Er fühlt, dass der rechte Schenkel willig angenommen wird. Mit der Schulterkontrolle sieht es leider nicht so rosig aus. In den schnelleren Gangarten kann es durchaus passieren, dass das Pferd nach aussen drängelt, wenn nicht sogar über die linke Schulter ausbricht. Gerade bei Reitern, die dazu neigen, über den inneren Zügel zu lenken, oder gar sich hier fest zu ziehen kann sich dieses Problem fatal auswirken. In Tat und Wahrheit, geht das Pferd auf der rechten Hand mit der Schulter immer etwas weiter draussen (sprich auf einem größeren Zirkel) und mit der Hinterhand weiter drinnen (sprich auf einem kleineren Zirkel). Es könnte der Eindruck entstehen, der Reiter reite absichtlich Kruppeherein, auch Travers genannt. Auf der rechten Hand gelingen versammelte Lektionen ganz leicht, während Zulegen eher Probleme bereiten dürfte.

Foto by Derya
Schulung für das Auge: Ich reite meinen rechtshohlen Freiberger auf der linken Hand im Renvers. Dies fällt ihm besonders leicht, weil er sich rechts gerne hohl macht. Beim genauen betrachten sieht man jedoch, dass er zu doll nach rechts gestellt ist, und etwas über die linke Schulter ausbricht. 
Ich müsste in diesem Fall besser am linken Zügel führen, und rechts mehr nachgeben. 

















Auf der linken Hand wird's unbequem. Hier lässt sich das Pferd nicht gut biegen (weil, wir erinnern uns: die rechte Muskelkette verkürzt ist, das Pferd links rum aber rechts loslassen (sich dehnen) müsste. Dadurch dass die Körpermasse nach links fällt und das Pferd sich auf den linken Zügel legt, drängelt es nach innen. Das kann bei einem jungen Pferd in den schnellen Gangarten dazu führen, dass das Pferd beinahe umkippt oder auf rutschigem Boden gar den Boden unter den Füssen verliert, da die Hinterhand beim rechtshohlen Pferd durch die Schiefe, verstärkt von der Zentrifugalkraft nach aussen weg driftet. Das Pferd geht mit der Hinterhand immer einen größeren Kreis, wie mit der Vorhand. Den linken Schenkel scheint das Pferd gar nicht zu kennen. Aber jetzt bitte nicht noch mehr innen treiben. Das macht das Pferd höchstens Schenkellahm!

Wie die Schiefe durch Training positiv verändert werden kann, erkläre ich in den folgenden Blogs:) Bis dahin, bitte teilen, wenns gefällt liken und bei Bedarf auch Fragen in den Post unten rein schreiben!

PS: Reiten im Damensattel ist bei einem rechts hohlen Pferd durchaus sinnvoll und hat, aufgrund des dominierenden linken Schenkels (rechts ist ja nur die Gerte als Schenkelersatz) eine gerade richtende Wirkung;)
Foto by Hanne Bratholm

Montag, 27. April 2015

Die natürliche Schiefe erkennen

Die natürliche Schiefe des Pferdes macht Reitern spartenübergreifend zu schaffen. Egal ob Western-, Englisch- Freizeit- oder Barockreitern. Jeder kennt das Gefühl, dass sein Pferd auf die einen Seite "rittiger" ist, als auf der Anderen. Die Ursachen hierfür sind vielfältig (und haben nicht nur natürliche Ursachen, sondern sind auch vielfach auch antrainiert). 

Neuere Forschungen gehen davon aus, dass sie wie bei uns Menschen auch mit der Verknüpfung der beiden Gehirnhälften zusammenhängt. Fakt ist, dass ein schiefes Pferd von Oben betrachtet eine ein- oder gar zweifache Krümmung in der Wirbelsäule haben kann. Die Muskelketten, Sehnen und Bänder sind auf der einen Seite verkürzt. Die Schiefe kann so stark ausgeprägt sein, dass sie die Knochen betrifft, sprich auch auf dem Röntgenbild erkennbar ist. Je nach Ausprägung kann die Schiefe durch korrektes Training positiv beeinflusst werden. In diesem Blog werde ich erst einmal darauf eingehen, wie ihr die natürliche Schiefe bei eurem Pferd erkennen könnt:

 Dieses Pferd ist rechts Hohl. 



Es gibt jedoch auch Pferde, die eine zweifache Krümmung, sprich eine Skoliose in der Wirbelsäule haben. 




















Ich werde mich jetzt erstmal auf ein Pferd konzentrieren, das rechts hohl ist, weil dies am häufigsten vorkommt. 

Wie aber lässt sich dies erkennen? 

Ist das Pferd extrem schief, so kann dies sogar an der ungleich ausgebildeten Muskulatur und an den Hufen erkannt werden. Durch die Verschiebung des Nackenbandes nach rechts, fällt die Mähne auch eher nach rechts. Weil der Kopf nach rechts verschoben ist, wird das linke Vorderbein mehr belastet. Dadurch ist der linke Huf flacher, mit weiteren Trachten und der rechte Huf steiler, mit engeren Trachten. Der Brustkorb und der Bauch werden nach links gedrängt. Das rechte Hinterbein greift weiter vor, jedoch am Schwerpunkt vorbei. 

Hier ein Bild von meinem Freiberger in einer Piaffe, die nicht ganz gerade gerichtet ist. Das rechte Hinterbein tritt aus der Spur. 

Foto by Hanne Bratholm






Um die Schiefe des Pferdes in der Bewegung zu analysierenempfehle ich, das Pferd unaugsgebunden zu longieren. Unter dem Sattel wird die Schiefe nämlich zudem durch die Schiefe des Reiters beeinflusst, und kann durch die ungleiche Hilfegebung des Reiters eventuell sogar verfälscht werden. 

Ein rechts schiefes Pferd wird lieber rechts herum gehen. Dies macht sich insbesondere in den schnelleren Gangarten, namentlich im Galopp bemerkbar. Die Körpermasse des Pferdes fällt eher nach links, dies wird durch die Zentrifugalkraft und die Geschwindigkeit verstärkt, so dass das Pferd auf der rechten Hand den Zirkel vergrößern will. Weil das rechte Hinterbein eher trägt als schiebt, geht das Pferd auf der rechten Hand von sich aus in einem ruhigeren Takt. 

Auf der linken Hand tendiert ein rechtshohles Pferd im Gegenteil dazu nach Innen zu drängen, und neigt zum falschen Angaloppieren oder zum Kreuzgalopp. Aufgrund des nach hinten ausgestellten linken Hinterbeines, erzeugt es auf der Seite mehr Schub und tritt nicht unter den Schwerpunkt, Folge kann sein, dass es dadurch ins Laufen kommt. 

Wie sich ein schiefes Pferd unter dem Reiter erkennen und erfühlen lässt, werde ich im nächsten Blog abhandeln. 

Samstag, 25. April 2015

Diaz - 2. Woche

Am Mittwoch treffe ich einen total "gechillten" Diaz. Er fühlt sich von Beginn an wohl unter dem Sattel. Obwohl er teilweise noch kurzfristig zu eng abkippt, ist seine Anlehnung schon viel gleichmässiger und korrekter geworden. Er ist sogar so entspannt, dass ich zum Treiben komme, und ihn an dem Tag bewusst etwas über Tempi reite, um sein Hinterbein fleissiger zu machen. Bis auf einmal wenig Buckeln beim Angaloppieren ging er in vorbildlicher Manier. Zum Schluss lassen wir noch einmal die Zügel komplett aus der Hand kauen. Dabei behält er den Takt gleichmässig bei, dürfte aber mit der Nase noch etwas mehr vorkommen und sein Gleichgewicht besser auf allen 4 Füssen verteilen. Aber gut Ding will Weile haben, ein Pferd, welches gelernt hat hinter der Hand zu gehen, braucht einfach viel Zeit und Geduld.

Hier sehen wir einmal die verbesserte Anlehnung und das Zügel aus der Hand kauen lassen. 





Am  Freitag beschliessen wir, den "Youngster" draussen zu reiten. Schliesslich soll er sich auch daran gewöhnen, trotz interessanter Einflüsse von Außen mental beim Reiter zu bleiben. 

Wegen dem leichten Wind ist er etwas aufgedreht, und so beginnen wir am Boden mit Übergängen vom Schritt zum Halten. Da er nicht auf meine Körpersprache hört und drängelt, wenn ich ihn anhalte, lasse ich ihn jeweils in Ruhe ein zwei Schritte rückwärts treten. 

Bei der Handarbeit haben wir am Mittwoch bereits mit Konterschulterherein und Schulterherein begonnen. Wenn ich rechts von ihm ging, hat er sehr stark gedrängelt, weil er linkshohl ist. Ich wiederhole einen kleinen Ablauf auf beiden Händen, den ich auch gerne bei jedem Training so repetiere. Dies hat den Vorteil, dass das Pferd weiß, wie wir die Arbeit beginnen und dadurch Sicherheit gewinnt. Ausserdem kann ich vergleichen, wie er sich entwickelt, wenn ich den gleichen Ablauf an einem anderen Tag wiederhole. 

Unter dem Sattel ist er zuerst sehr spannig. Dies äussert sich bei ihm dadurch, dass er klemmt und kaum vorwärts gehen will. Gleichzeitig geht er auch über dem Zügel. In diesem Fall lasse ich ihn langsam gehen, weil ein dauertreibender Schenkel ihn einerseits abstumpft, und ihn auch zum explodieren bringen könnte. Ich fordere ihn im Gegenteil noch dazu auf, noch langsamer zu gehen, bringe ihn aber dazu, durchs Genick zu gehen. So kann er sich lösen und ich die Zügel aus der Hand kauen lassen. 

Relativ bald gehen wir zum Trab über, wo er sich zu Beginn wegen der Aufregung auch mehr Aufrollen will. Durch flottes Vorwärtsreiten bringe ich ihn meistens dazu, mit der Nase vor zu kommen. Zu eiliges Traben ist jedoch nicht förderlich, weil ich ihn damit auf die Vorhand und aus dem Gleichgewicht bringe. Die Korrektur von Pferden die zu eng gehen braucht Zeit und Geduld. 

Wo er am Mittwoch beim angaloppieren rechts beim ersten mal Buckeln will, galoppiert er am Freitag sofort flüssig an. Sein Galopp ist allerdings auf beiden Händen noch nicht durchgesprungen und neigt zum Vierschlag. Ausserdem geht er tendenziell eher über dem Zügel. Im Galopp verzichte ich bei den ersten Sprüngen erst mal auf eine Anlehnung, weil er ja aus Erfahrung Angst vor einer harten Hand hat und dadurch noch zu wenig "zieht". Ich streiche immer wieder mit einer oder beiden Händen über. Ich achte also zuerst auf den Takt, sprich, dass seine Hinterbeine fleissig nach vorne unter den Schwerpunkt bringen. Wenn er anfängt durch zu springen, kann ich vorsichtig damit Beginnen, ihn an den Zügel zu stellen. 


Foto by Bettina Knaupe
Da Bettina Knaupe so lieb war und Fotos geschossen hat, haben wir jetzt sogar scharfe Bilder;)












Damit Diaz durchlässiger wird und lernt den Schenkel anzunehmen, beginnen wir heute mit Schulterherein unter dem Sattel. Als Vorübung reite ich mit den Pferden gerne Konterschulterherein, weil die Bande hilft, das Pferd abzufangen und ich dadurch mit weniger verwahrenden Hilfen auskomme. 


Konterschulterherein als Vorübung zum Schulterherein



Foto by Bettina Knaupe


Das Schulterherein fällt ihm noch schwer. Da er durch die halben Paraden durchrennt und sich verbiegen will, reiten wir das nur im Zeitlupentempo. Aufgrund seiner Schiefe, fällt es ihm linke Hand viel schwerer, als rechte Hand. Die nächste Vorübung für Schulterherein wäre Schultervor, bei dem das Pferd mit dem inneren Hinterbein zwischen die beiden Vorderbeine schreitet. 


Halten im Schultervor


Foto by Bettina Knaupe



Schulterherein ist für jedes Pferd DIE Lektion um es durchlässiger zu machen und ihm zu helfen und sein Gleichgewicht unter dem Reiter wieder zu finden. Ich werde in den nächsten Tagen einen Blog zu diesem Thema beginnen, wo die Entwicklung von Schulterherein Schritt für Schritt erklärt wird. 

Dienstag, 21. April 2015

Die Korrekte Anlehnung finden

Heute gibt es ein Update über Diaz. Nadine hat ihn gestern im Roundpen kurz longiert, weil ich ihn noch mal an der Longe sehen wollte. Er war um es positiv zu formulieren sehr aufgeweckt. Wir haben daran gearbeitet, dass er sich auf Nadine konzentrieren muss, auch wenn Hormone grad auf Hochtouren fahren (kann bitte mal einer den Pferden bei der Kastration auch sagen, dass die Eier jetzt ab sind? Danke!). Zum Glück hat er das schnell akzeptiert. Um ihn nicht müde zu machen sind wir dann gleich in die Halle und haben kurz Handarbeit gemacht. Das Beine winkeln ging heute schon besser. Er schlägt zwar noch mit dem Schweif, schlägt aber nicht nach der Gerte. 


Hier ein kleiner Ausschnitt:



Beim Reiten war er etwas aufgeregt, weil er seine Freunde vermisst hat. Dennoch war er artig und hat mit gearbeietet. Wir haben ihn aber heute mit Kappzaum und Trense geritten. Damit hat er sich deutlich wohler gefühlt und keine Probleme mit der Zunge gehabt. Seine Anlehnung ist noch sehr unstet, dafür hat er aber den vorwärtstreibenden Schenkel ganz willig angenommen und gar nicht geklemmt. Ich habe euch hier ein paar Bildausschnitte mit den Unterschiedlichen Anlehnungsfehlern die er noch macht. Ich setze diese Bewusst hier rein, damit gesehen werden kann, dass Pferde sich auch von sich aus einrollen (selbst wenn man nicht aktiv mit der Hand riegelt). Natürlich muss sich dies nach einer gewissen Zeit unbedingt abstellen (sonst läuft etwas falsch). Aber Reiten findet in der Bewegung statt, und junge Pferde können auch aufgrund von Gleichgewichtsproblemen zu eng gehen. Bei ihm will ich das wie schon erwähnt nicht mit vorwärts treiben alleine lösen, weil er sonst zu eilig wird. Der Takt, den er anbietet ist sowieso, noch etwas zu eilig. 

Hinter dem Zügel, Zu Eng

Lösung bei Diaz: Beide Schenkel weich schliessen, ev. weiche Gerte an Schulter, Hände leicht vorschieben



Wenn er den Takt halten kann, auch Zügel aus der Hand kauen lassen







Über dem Zügel, Rücken nicht aufgewölbt. 

Lösung bei Diaz: Mit dem inneren Schenkel treiben um das hinterbein zu aktivieren, weiche Stellung geben. Wenn das nicht hilft auf große Volte abwenden, Über Sitzdrehung, inneren Schenkel und inneren Zügel weich Stellung und Biegung geben. Dann wölbt er den Rücken von alleine wieder auf und nimmt damit auch die richtige Haltung an. 


Korrekter Trab mit leichter Bergauftendenz. Genügend langer Hals. Wichtig: So ein junges Pferd muss noch nicht aufgerichtet "am Zügel" gehen. Würde ich zuviel fordern, würde er sich nur wieder eng machen und blockieren. 




Um aufzuzeigen wie unsteht seine Anlehnung noch ist habe ich euch hier einen kleinen Videoausschnitt beigefügt. Das erste Ausbildungssziel unter dem Sattel wird sein, dass er einen etwas ruhigeren Takt findet und eine konstante Anlehnung. Das ist aber ein Prozess...


























Wir sind auch das erste mal galoppiert. Linke Hand ist er sofort artig angaloppiert. Rechte Hand das erste mal mit Hintern hoch. Das 2. mal in Aussenstellung ganz artig. Der Galopp ist noch etwas "Abenteuerlich", weil er noch sehr un-ausbalanciert auf der Vorhand galoppiert. Dennoch kann er ihm helfen, sich unter dem Reiter zu entspannen durch die Vor-wärtsbewegung. Ausserdem hat der Galopp einen sehr positiven Effekt für die  Dehnung der Rückenmuskulatur weil das Pferd bei jedem Sprung erneut die Bauchmuskeln einsetzen muss und den Rücken aufwölbt. 


Am Schluss der Stunde habe ich ihn noch mal dehnen lassen, und zwar mit der Nase bis in den Sand. Das ist wichtig, damit er sich einmal komplett entspannen kann unter dem Reiter. Ich lasse ihn jedoch nur kurz ein paar Tritte so traben, weil ich die Vorhand nichtüberbelasten möchte. Dennoch ist dieser Trab für ihn wichtig, weil ich so seinen Psoas Muskel dehnen kann...


Sonntag, 19. April 2015

Diaz - Ein Freiberger mit GO!

Der Freiberger Diaz ist am 16.02.2010 in der Schweiz geboren und kam mit 7 Monaten direkt vom Züchter nach Deutschland zu Nadine.




Diaz als Fohlen nach seiner Ankunft in Deutschland.




Im Sommer 2013 hat Nadine ihn anlongiert und ihn nach entsprechendem Muskel-aufbau 3 Monate in Beritt gegeben.











Der Beritt verlief problemlos, einzig mit dem Rechtsgalopp tat er sich noch etwas schwer. Nadine wurde auch selbst unterrichtet während dieser Zeit.  

Krankheitsbedingt konnte sie ihn den Sommer über nicht weiter reiten und lies ihn ab Herbst kurzfristig von einer Bereiterin reiten, die leider zuviel Druck machte. Weiterhin stellte sich im Nachhinein heraus, dass der Sattel nicht ganz passend war. So fing Diaz an, sich beim Reiten zu widersetzen. Unter anderem durch blockieren, eng werden im Hals, Kopfschlagen und Zungenrollen.

Nadine beschloss richtigerweise ihm eine "Denkpause" zu geben, damit sich sein Abwehrverhalten nicht festsetzte. Sie lies den Sattel anpassen, das Pferd Osteopathisch behandeln und arbeitete ihn vom Boden aus.

Wir beginnen an dieser Stelle einmal mit einer Exterieur-Beurteilung. Um Diaz besser kennen zu lernen:




Diaz mit 5 Jahren. Er wurde insgesamt bis dahin nur 5-6 Monate, mit Unterbrüchen zwischen den Einheiten, geritten. Ist also im Prinzip noch recht "Grün" hinter den Ohren ;-)
Er steht im Quadratformat und hat eine harmonisch geschwungene Oberlinie und eine gute (aber kurze!) Sattellage mit genügend ausgeprägtem Widerrist der weit genug in den Rücken hinein läuft. Die Lende ist sehr kurz, und auch ganz leicht angeschwollen. Sein Halsaufsatz ist hoch genug, verjüngt sich aber nur wenig. Der Unterhals dürfte etwas weniger ausgeprägt sein. Seine Beine sind korrekt, trocken und gerade. Der Schweifansatz ist normal hoch. Die Wickelung der Hinterhand lässt sich auf dem Bild nicht so gut erkennen. Ich würde Sie auch als "normal" bezeichnen. Seine Röhrbeine sind lang genug. Die Fesslung ist Kaltbluttypisch eher kurz und steil.

Zwischen dem Atlasflügel und dem Unterkiefers sind nicht die geforderten 2 Fingerbreit Abstand vorhanden. Die Ohrspeicheldrüse tritt deutlich hervor.
Er hat ein intelligentes und waches, aber etwas kleines Auge. Sein Ausdruck ist sehr aufgeweckt und aufmerksam. Die Nüstern sind groß und geweitet. Die Maulspalte ist kurz und auch etwas zusammen gekniffen. Die Unterhausmuskulatur ist etwas zu stark ausgeprägt.

 













Was jedoch bedeutet all das für ihn als Reitpferd?


Grundsätzlich ist das Exterieur eines Pferdes immer im Zusammenhang mit dem Interieur zu sehen. Schliesslich ist ein Pferd keine Maschine und kann nur so gut "Funktionieren", wie es willens ist, mitzuarbeiten. Weiterhin sind einzelne Exterieur Merkmale mit anderen in Verbindung zu setzen, denn sie beeinflussen sich natürlich gegenseitig. Die Muskulatur ist beeinflussbar. Der Knochenbau nicht.  Zudem sollten allfällige "Mängel" nicht als "Fehler", sondern als Punkte, die man im Training berücksichtigen muss, betrachtet werden!




Dennoch lassen sich einige Interessante Rückschlüsse aus der Exterieurbeurteilung ziehen, an diese das Training entsprechend angepasst werden sollte.



Dem kurzen Quadratpferd wird eine gute Versammlungsfähigkeit voraus gesagt (weil es über wenig Boden steht). Mit seinem genügend gewinkelten Hinterbein (was übrigens im Trab auch schon aktiv abfassen kann), gibt es hier auf den ersten Blick keine Einschränkungen. In der korrekten, Versammlung winkelt das Pferd die Hinterhand (Hankenbeugung), wodurch der Widerrist sich aus dem Hals heraus aufrichtet. Dadurch entsteht die relative Aufrichtung. Durch seine etwas stramme Niere kann jedoch die Aktivität der Hinterhand nur bedingt durch das ganze Pferd durchschwingen. Der Psoas Muskel, welcher als Beuger für das Hüftgelenk von erheblicher Bedeutung für die Versammlung ist, ist verkürzt. Das bedeutet, dass sich die Bewegung der Hinterhand nicht so gut über den Pferderücken hindurch fortpflanzen kann und das Pferd Schwierigkeiten hat, sich zu setzen. Der sich wenig verjüngende Hals, mit der ungenügenden Ganaschenfreiheit erschweren es ihm, sich bei zu zäumen. Das kurze Maul, kombiniert mit dem eher "lebendigen" Typ bringen ein unruhiges Maul mit, was nur schwer ein großes Gebiss, oder gar zwei (Thema für die spätere Ausbildung!) fassen kann. Die kurze Sattellage verlangt natürlich nach einem entsprechend kurzen Sattel. Das kurze Pferd lässt sich natürlich schwerer biegen, als ein längeres. In diesem Zusammenhang ist es auch schwieriger solch ein Pferd zum Schwingen, und damit zum Los lassen zu bringen (auch mental gesehen!).



Zusammenfassend kann man sagen, dass Diaz mit seinem lebendigen Temperament und seinem kurzen Format einiges an Talent für die Dressur mitbringt. Die kurze Sattellage, und die mangelnde Ganaschenfreiheit mit der kurzen Maulspalte verlangen nach einer sorgfältigen Auswahl von Sattel und Zaumzeug. Nur wenn im Training der Fokus auf der inneren und äusseren Losgelassenheit gelegt wird, kann die falsche Muskulatur umgeformt werden, und das doch etwas überschäumende Temperament des jungen Lausbuben in kultivierte Bahnen gelenkt werden.


Nadine, Diaz und ich haben uns jetzt schon 3 mal getroffen und zusammen gearbeitet. In der ersten Einheit haben wir uns erst mal am Boden kennen gelernt. An der Longe tritt er im Schritt etwas kurz. Im Trab bewegt er sich Taktmässig in der Dehnungshaltung. Es ist zu erkennen, dass er die Hüfte nicht auf beiden Händen gleich auf- und abbiegen kann. Im Galopp ist der Durchsprung, die Bergauftendenz der Fluss in der Bewegung noch etwas mangelhaft. Der Rechtsgalopp fällt ihm deutlich schwerer. An der Hand lässt er sich noch nicht gerne Beizäumen und er weis grad nicht so richtig wohin mit seiner Energie was sich in protzigem passabartigem Antraben äussert.




Was bedeutet das für das Training?


Wichtig ist, dass Diaz regelmässig bewegt wird, Reiten und gewichtsloses Arbeiten (Bodenarbeit, Longieren, Handarbeit), müssen sich abwechseln, um allfälligen Widersetzlichkeit durch Muskelkater vorzubeugen. Da sein momentaner Ausbildungsstand nicht dem entspricht, was er von seiner Energie her leisten könnte und wollte (Freiberger sind Frühreif und Arbeitspferde! Sie sind gezüchtet worden um im Militär über mehrere Stunden täglich schwere Arbeiten zu verrichten!), muss sein Training unbedingt abwechslungsreich und auch interessant sein. (Stumpfes "aus buckeln lassen" vor dem Training ist übrigens bei keinem Pferd hilfreich. Weil das Pferd dann lernt, dass Training "Toben" bedeutet, und es unter dem Sattel buckeln kann. Weiterhin baut sich dadurch die falsche Muskulatur nur noch mehr auf, was wiederum zu Widersetzlichkeit führt.). Ein kurzes. kultiviertes Longieren vor dem Reiten kann bei ihm jedoch unter Aspekt der Sicherheit sinnvoll sein. Da Nadine gut longieren kann, wird es Diaz helfen, im Rücken besser los zu lassen.




Ich habe Nadine gezeigt, wie sie Diaz an der Hand dazu bringen kann im Schritt den Hals fallen zu lassen. Wie Sie im stehen mit ihm Abkau-Übungen macht (wichtig um seinen Kiefer zum Los lassen zu bringen). Und vor allem wie sie ihn über Schritt-Trab-Übergänge dazu bringt, mit dem Hinterbein aktiv unterzutreten.



Bei unserem zweiten Treffen erkennen wir, dank Nadines fleissigem Üben bereits die ersten Erfolge. Diaz lässt sich sofort rund einstellen an der Hand und zeigt erfreulich flüssige Schritt-Trab Übergänge und darum einen deutlich besseren Schritt.



Beim ersten Reiten longiert ihn Nadine vor dem Training kurz in der Dehnungshaltung um meine Überlebens-Chancen zu steigern. Es gibt seinem Ausbildungsstand entsprechend leichte "Navigationsprobleme". Da er sich gerne eng machen möchte oder auch über dem Zügel geht und den Schenkel noch nicht annimmt, verzichte ich erstmal auf korrekte Bahnfiguren. Ansonsten würde es in einem "Hand orientierten" Reiten enden, was ihn noch mehr dazu bringen würde sich eng zu machen und eilig zu werden. Immer wenn er unaufmerksam wird, wende ich auf eine Volte ab und biege ihn über den inneren Schenkel und einen steten, eventuell seitwärts-weisenden, inneren Zügel. Sobald er sich entsprechend löst und dadurch dehnen will, öffne ich sofort die Finger und lasse die Zügel aus der Hand kauen. Da er im Trab eilig werden möchte, reiten wir zuerst nur Schritt Trab Übergänge. Nadine hat ihm beigebracht auf Ausatmen durch zu parieren und das klappt zum Glück prima. Nach ein paar Runden, die er brav, aber mit zu inaktivem Hinterbein absolviert, lasse ich Nadine noch kurz reiten und leite sie an.



Beim 3. Training longiert Nadine ihn vorher nicht, weil ich den Unterschied einmal sehen möchte. Entsprechend aufgebrezelt ist unser Jungspunt heute auch unterwegs. Ich löse ihn kurz an der Hand und lasse ihn Übertreten, und gebe ihm immer dann eine Pause, wenn er sich kurz selber trägt und nicht auf die Hand drückt. Wir trainieren die Beine an zu winkeln. Das macht er links sofort artig, rechts schlägt er mit dem Schweif und tut sich schwer. Beim Reiten muss ich zusehen, dass wir uns des Weges einig sind. Seinen Übermut macht er mit 2 x Kopfschlagen wett. Nach einer etwas abenteuerlichen Lösungsphase gelingt es zum Schluss ihn Taktrein zu traben in der Dehnungshaltung. Wenn er sich eng machen will, kitzel ich ihn mit der Gerte sanft an der Schulter um ihn dazu bringen, die Schulter anzuheben. Bringt das noch nicht den gewünschten Erfolg schliesse ich kurz beide Waden sanft gleichzeitig um sein Brustbein anzuheben. Ein simples Nachtreiben und Zügel aus der Hand kauen lassen würde in dem Fall nicht helfen, weil er dadurch heute nur eilig werden würde. Wir beenden das Training mit der Vor-Übung für das Kompliment.



Nadine und ich beschliessen, dass wir mit Diaz erst mal im Teil-Beritt arbeiten. Ich besuche die beiden 3-4 x die Woche und arbeite Diaz und erkläre Nadine, warum ich was wie trainiere. Nadine übernimmt die anderen Tage selbständig.