Sonntag, 19. April 2015

Diaz - Ein Freiberger mit GO!

Der Freiberger Diaz ist am 16.02.2010 in der Schweiz geboren und kam mit 7 Monaten direkt vom Züchter nach Deutschland zu Nadine.




Diaz als Fohlen nach seiner Ankunft in Deutschland.




Im Sommer 2013 hat Nadine ihn anlongiert und ihn nach entsprechendem Muskel-aufbau 3 Monate in Beritt gegeben.











Der Beritt verlief problemlos, einzig mit dem Rechtsgalopp tat er sich noch etwas schwer. Nadine wurde auch selbst unterrichtet während dieser Zeit.  

Krankheitsbedingt konnte sie ihn den Sommer über nicht weiter reiten und lies ihn ab Herbst kurzfristig von einer Bereiterin reiten, die leider zuviel Druck machte. Weiterhin stellte sich im Nachhinein heraus, dass der Sattel nicht ganz passend war. So fing Diaz an, sich beim Reiten zu widersetzen. Unter anderem durch blockieren, eng werden im Hals, Kopfschlagen und Zungenrollen.

Nadine beschloss richtigerweise ihm eine "Denkpause" zu geben, damit sich sein Abwehrverhalten nicht festsetzte. Sie lies den Sattel anpassen, das Pferd Osteopathisch behandeln und arbeitete ihn vom Boden aus.

Wir beginnen an dieser Stelle einmal mit einer Exterieur-Beurteilung. Um Diaz besser kennen zu lernen:




Diaz mit 5 Jahren. Er wurde insgesamt bis dahin nur 5-6 Monate, mit Unterbrüchen zwischen den Einheiten, geritten. Ist also im Prinzip noch recht "Grün" hinter den Ohren ;-)
Er steht im Quadratformat und hat eine harmonisch geschwungene Oberlinie und eine gute (aber kurze!) Sattellage mit genügend ausgeprägtem Widerrist der weit genug in den Rücken hinein läuft. Die Lende ist sehr kurz, und auch ganz leicht angeschwollen. Sein Halsaufsatz ist hoch genug, verjüngt sich aber nur wenig. Der Unterhals dürfte etwas weniger ausgeprägt sein. Seine Beine sind korrekt, trocken und gerade. Der Schweifansatz ist normal hoch. Die Wickelung der Hinterhand lässt sich auf dem Bild nicht so gut erkennen. Ich würde Sie auch als "normal" bezeichnen. Seine Röhrbeine sind lang genug. Die Fesslung ist Kaltbluttypisch eher kurz und steil.

Zwischen dem Atlasflügel und dem Unterkiefers sind nicht die geforderten 2 Fingerbreit Abstand vorhanden. Die Ohrspeicheldrüse tritt deutlich hervor.
Er hat ein intelligentes und waches, aber etwas kleines Auge. Sein Ausdruck ist sehr aufgeweckt und aufmerksam. Die Nüstern sind groß und geweitet. Die Maulspalte ist kurz und auch etwas zusammen gekniffen. Die Unterhausmuskulatur ist etwas zu stark ausgeprägt.

 













Was jedoch bedeutet all das für ihn als Reitpferd?


Grundsätzlich ist das Exterieur eines Pferdes immer im Zusammenhang mit dem Interieur zu sehen. Schliesslich ist ein Pferd keine Maschine und kann nur so gut "Funktionieren", wie es willens ist, mitzuarbeiten. Weiterhin sind einzelne Exterieur Merkmale mit anderen in Verbindung zu setzen, denn sie beeinflussen sich natürlich gegenseitig. Die Muskulatur ist beeinflussbar. Der Knochenbau nicht.  Zudem sollten allfällige "Mängel" nicht als "Fehler", sondern als Punkte, die man im Training berücksichtigen muss, betrachtet werden!




Dennoch lassen sich einige Interessante Rückschlüsse aus der Exterieurbeurteilung ziehen, an diese das Training entsprechend angepasst werden sollte.



Dem kurzen Quadratpferd wird eine gute Versammlungsfähigkeit voraus gesagt (weil es über wenig Boden steht). Mit seinem genügend gewinkelten Hinterbein (was übrigens im Trab auch schon aktiv abfassen kann), gibt es hier auf den ersten Blick keine Einschränkungen. In der korrekten, Versammlung winkelt das Pferd die Hinterhand (Hankenbeugung), wodurch der Widerrist sich aus dem Hals heraus aufrichtet. Dadurch entsteht die relative Aufrichtung. Durch seine etwas stramme Niere kann jedoch die Aktivität der Hinterhand nur bedingt durch das ganze Pferd durchschwingen. Der Psoas Muskel, welcher als Beuger für das Hüftgelenk von erheblicher Bedeutung für die Versammlung ist, ist verkürzt. Das bedeutet, dass sich die Bewegung der Hinterhand nicht so gut über den Pferderücken hindurch fortpflanzen kann und das Pferd Schwierigkeiten hat, sich zu setzen. Der sich wenig verjüngende Hals, mit der ungenügenden Ganaschenfreiheit erschweren es ihm, sich bei zu zäumen. Das kurze Maul, kombiniert mit dem eher "lebendigen" Typ bringen ein unruhiges Maul mit, was nur schwer ein großes Gebiss, oder gar zwei (Thema für die spätere Ausbildung!) fassen kann. Die kurze Sattellage verlangt natürlich nach einem entsprechend kurzen Sattel. Das kurze Pferd lässt sich natürlich schwerer biegen, als ein längeres. In diesem Zusammenhang ist es auch schwieriger solch ein Pferd zum Schwingen, und damit zum Los lassen zu bringen (auch mental gesehen!).



Zusammenfassend kann man sagen, dass Diaz mit seinem lebendigen Temperament und seinem kurzen Format einiges an Talent für die Dressur mitbringt. Die kurze Sattellage, und die mangelnde Ganaschenfreiheit mit der kurzen Maulspalte verlangen nach einer sorgfältigen Auswahl von Sattel und Zaumzeug. Nur wenn im Training der Fokus auf der inneren und äusseren Losgelassenheit gelegt wird, kann die falsche Muskulatur umgeformt werden, und das doch etwas überschäumende Temperament des jungen Lausbuben in kultivierte Bahnen gelenkt werden.


Nadine, Diaz und ich haben uns jetzt schon 3 mal getroffen und zusammen gearbeitet. In der ersten Einheit haben wir uns erst mal am Boden kennen gelernt. An der Longe tritt er im Schritt etwas kurz. Im Trab bewegt er sich Taktmässig in der Dehnungshaltung. Es ist zu erkennen, dass er die Hüfte nicht auf beiden Händen gleich auf- und abbiegen kann. Im Galopp ist der Durchsprung, die Bergauftendenz der Fluss in der Bewegung noch etwas mangelhaft. Der Rechtsgalopp fällt ihm deutlich schwerer. An der Hand lässt er sich noch nicht gerne Beizäumen und er weis grad nicht so richtig wohin mit seiner Energie was sich in protzigem passabartigem Antraben äussert.




Was bedeutet das für das Training?


Wichtig ist, dass Diaz regelmässig bewegt wird, Reiten und gewichtsloses Arbeiten (Bodenarbeit, Longieren, Handarbeit), müssen sich abwechseln, um allfälligen Widersetzlichkeit durch Muskelkater vorzubeugen. Da sein momentaner Ausbildungsstand nicht dem entspricht, was er von seiner Energie her leisten könnte und wollte (Freiberger sind Frühreif und Arbeitspferde! Sie sind gezüchtet worden um im Militär über mehrere Stunden täglich schwere Arbeiten zu verrichten!), muss sein Training unbedingt abwechslungsreich und auch interessant sein. (Stumpfes "aus buckeln lassen" vor dem Training ist übrigens bei keinem Pferd hilfreich. Weil das Pferd dann lernt, dass Training "Toben" bedeutet, und es unter dem Sattel buckeln kann. Weiterhin baut sich dadurch die falsche Muskulatur nur noch mehr auf, was wiederum zu Widersetzlichkeit führt.). Ein kurzes. kultiviertes Longieren vor dem Reiten kann bei ihm jedoch unter Aspekt der Sicherheit sinnvoll sein. Da Nadine gut longieren kann, wird es Diaz helfen, im Rücken besser los zu lassen.




Ich habe Nadine gezeigt, wie sie Diaz an der Hand dazu bringen kann im Schritt den Hals fallen zu lassen. Wie Sie im stehen mit ihm Abkau-Übungen macht (wichtig um seinen Kiefer zum Los lassen zu bringen). Und vor allem wie sie ihn über Schritt-Trab-Übergänge dazu bringt, mit dem Hinterbein aktiv unterzutreten.



Bei unserem zweiten Treffen erkennen wir, dank Nadines fleissigem Üben bereits die ersten Erfolge. Diaz lässt sich sofort rund einstellen an der Hand und zeigt erfreulich flüssige Schritt-Trab Übergänge und darum einen deutlich besseren Schritt.



Beim ersten Reiten longiert ihn Nadine vor dem Training kurz in der Dehnungshaltung um meine Überlebens-Chancen zu steigern. Es gibt seinem Ausbildungsstand entsprechend leichte "Navigationsprobleme". Da er sich gerne eng machen möchte oder auch über dem Zügel geht und den Schenkel noch nicht annimmt, verzichte ich erstmal auf korrekte Bahnfiguren. Ansonsten würde es in einem "Hand orientierten" Reiten enden, was ihn noch mehr dazu bringen würde sich eng zu machen und eilig zu werden. Immer wenn er unaufmerksam wird, wende ich auf eine Volte ab und biege ihn über den inneren Schenkel und einen steten, eventuell seitwärts-weisenden, inneren Zügel. Sobald er sich entsprechend löst und dadurch dehnen will, öffne ich sofort die Finger und lasse die Zügel aus der Hand kauen. Da er im Trab eilig werden möchte, reiten wir zuerst nur Schritt Trab Übergänge. Nadine hat ihm beigebracht auf Ausatmen durch zu parieren und das klappt zum Glück prima. Nach ein paar Runden, die er brav, aber mit zu inaktivem Hinterbein absolviert, lasse ich Nadine noch kurz reiten und leite sie an.



Beim 3. Training longiert Nadine ihn vorher nicht, weil ich den Unterschied einmal sehen möchte. Entsprechend aufgebrezelt ist unser Jungspunt heute auch unterwegs. Ich löse ihn kurz an der Hand und lasse ihn Übertreten, und gebe ihm immer dann eine Pause, wenn er sich kurz selber trägt und nicht auf die Hand drückt. Wir trainieren die Beine an zu winkeln. Das macht er links sofort artig, rechts schlägt er mit dem Schweif und tut sich schwer. Beim Reiten muss ich zusehen, dass wir uns des Weges einig sind. Seinen Übermut macht er mit 2 x Kopfschlagen wett. Nach einer etwas abenteuerlichen Lösungsphase gelingt es zum Schluss ihn Taktrein zu traben in der Dehnungshaltung. Wenn er sich eng machen will, kitzel ich ihn mit der Gerte sanft an der Schulter um ihn dazu bringen, die Schulter anzuheben. Bringt das noch nicht den gewünschten Erfolg schliesse ich kurz beide Waden sanft gleichzeitig um sein Brustbein anzuheben. Ein simples Nachtreiben und Zügel aus der Hand kauen lassen würde in dem Fall nicht helfen, weil er dadurch heute nur eilig werden würde. Wir beenden das Training mit der Vor-Übung für das Kompliment.



Nadine und ich beschliessen, dass wir mit Diaz erst mal im Teil-Beritt arbeiten. Ich besuche die beiden 3-4 x die Woche und arbeite Diaz und erkläre Nadine, warum ich was wie trainiere. Nadine übernimmt die anderen Tage selbständig.

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